In einer Welt, in der der Mensch aufgrund der visuellen Reizüberflutung oft verlernt hat, die Schönheit der
Schöpfung in ihrer Ursprünglichkeit wahrzunehmen, mag eine auf eine auf altmeisterlichen Maltechniken fußende, Lichtdurchflutende, realistische Landschaftsmalerei wie Andreas Bruchhäuser sie zu einem Thema seines künstlerischen Schaffens gemacht hat, manchem gerade zu weltfremd erscheinen.

Wozu noch Landschaftsmalerei in einer Zeit, in der die Fotografie in ihrer technischen Perfektion jedes landschaftliche Detail genauer festzuhalten vermag, in der es möglich ist, per Mausklick durch die Landschaften ferner Länder zu surfen oder am Computer imaginäre Landschaftsräume zu entwerfen?

Wer sich auf die ausschließlich mit Pastellfarben gestalteten Landschaftsbilder Bruchhäusers einlässt, der wird sehr schnell feststellen, dass dem Maler nicht nur an einem rein äußerlichen Erfassen ganz bestimmter Landschaftsausschnitte gelegen ist.

Diese Entwicklung, so traditionell ihr heutiges Ergebnis dem Betrachter im ersten Moment erscheinen mag, war für Andreas Bruchhäuser nicht denkbar ohne den Einfluss seiner akademischen Lehrerin Frau Prof. Karin Rizza ( verheiratet mit dem Maler Karl Otto Götz ). Ohne ihn in seinem Festhalten an der Gegenständlichkeit und an traditionellen Maltechniken unter Druck zu setzen, gelang es ihr, bei dem jungen Maler das Interesse für die Bedeutung der malerischen Elemente als eigenständige Sprachmittel zu stärken. Wenn Bruchhäuser auch nicht für diese ungegenständliche, sich aus dem impulsiven Malvorgang entwickelnde Malerei zu gewinnen war, in den Augen der meisten seiner Mitkommilitonen ein "Exot" blieb, so setzt doch seine Werkentwicklung diese Kenntnisse der informellen Malerei und des Tachismus voraus.

Sie sind einer der Gründe dafür, dass Bruchhäuser den Bildraum nicht mehr aus linear konstruktiven Elementen aufbaut, sondern ihn aus farbräumlichen Elementen entwickelt.
Der die festen Konturen der Landschaften auflösende Lichtschleier lässt neue Strukturen entstehen, ermöglicht eine neue Sicht auf tiefer liegende Schichten. Obwohl Bruchhäuser heute die Motive für seine Landschaften in seiner unmittelbaren Umgebung, nämlich dem Rheintal zwischen Bonn und Bingen und den angrenzenden Mittelgebirgen findet, die Arbeiten einen hohen Wiedererkennungsgrad haben, sind es keine Veduten, sondern Landschaftsportraits, die nicht etwa Sichtbares abbilden, sondern Gedachtes, Gefühltes verbildlichen wollen. Mit dem Pastell fängt er die Stimmungen und deren Wirkung auf sich selbst ein und gestaltet, erschafft auf diese Weise Psychogramme der Landschaft. Aus einer inneren Notwendigkeit heraus entstehen in einer durchaus traditionellen Malweise Bilder, die durch Verreiben der Farben und deren Zusammenklang einen flirrenden, imaginären Raum beschwören, hinter dem das vorgefundenen Motiv, die reale Räumlichkeit zurücktritt, um Platz zu machen für einen gedanklichen Raum, der geheimnisvoll unbestimmt scheint.

So wird die Silhouette der Stadt Rüdesheim im abendlichen Licht zum Sinnbild einer Stadt am Wasser, verliert die Mainzer Rheinbrücke in "Rheinglitzern bei Mainz" sowohl ihre verkehrstechnische als auch ihre den Ort kennzeichnende Bedeutung, wird die Komposition notwendigen Horizontalen im fast monochromen Blau/Grau/Weiß des im schmalen Querformat eingefangenen Landschaftsausschnittes. Durch die Dualität aus Tradition und Moderne entzieht sich der Maler der Gefahr, in erstarrte Klischeevorstellungen oder in das Kitschige der Landschaftsmalerei abzugleiten. Vielmehr gibt er der Landschaft in Abgrenzung zur Landschaftsfotografie ein beeindruckendes neues Gewicht, verbildlicht er in ihr Sinnsuche in einer zeitgemäßen, modernen Weise.

In einer Zeit, in der innerhalb der großen Industrienationen 60% bis 80% der Bevölkerung in den Städten lebt, die Vielzahl der täglich wahrgenommenen Bilder von den Menschen nicht mehr verarbeitet werden kann, hat der Mensch die Fähigkeit des kontemplativen Schauens weitgehend verloren. Die Landschaft wird dem Zweckdenken entsprechend als Freizeit- und Erholungsobjekt wahrgenommen, die Natur in der Werbung zur "heilen Welt" stilisiert oder aber in sozialkritischer Absicht deren Beschädigung und teilweise Verwüstung thematisiert und angeprangert. Sich malend in die zahlreichen Stimmen der Zeitkritik einzureihen ist jedoch nicht die Absicht Andreas Bruchhäusers, eher nimmt er es in Kauf, dass seine Landschaftsbilder als schön konsumiert werden.

"Wenn der Betrachter die Landschaft in dieser Beleuchtung gesehen hätte, hätte er sie gar nicht so beeindruckend gefunden, wie sie im Bild erscheint", vermutet Andreas Bruchhäuser und verdeutlicht dadurch, dass er seine Aufgabe als Künstler darin sieht, etwas sichtbar zu machen, was der Betrachter ohne das Medium Kunst nicht erkennen , nicht sehen würde. Dabei wird das durch den subtilen Umgang mit der Farbe auf den Bildern eingefangene Licht zum Träger der Verbildlichung des eigentlich Unsichtbaren, nämlich der Frage nach der Schöpfung selbst.
Diese Bilder haben Bestand, sie verbrauchen sich nicht wie die Landschaftsbilder der Werbung, sondern fesseln durch ihre Schönheit und in noch stärkeren Maße durch ihre gedankliche Tiefe. Wie die Natur selbst hat man auch sie nie ganz erfasst, man kann sie immer wieder neu entdecken, Neues in ihnen und durch sie finden.
Der Maler selbst fasst seine künstlerische Intension mit den Worten zusammen: "Die Aufgabe der Kunst besteht nicht darin, lösbare Rätsel aufzugeben, alles in Frage zu stellen, sondern Geheimnisse zu verbildlichen, die letztlich das Geheimnis des Lebens selbst meinen.

Ulrike Beeck - Art Profil